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Pfändung von Internet-Domains
BGB § 12;ZPO § 857
LG Düsseldorf; Beschluss vom 16.03.2001; 25 T 59/01

Eine Internetdomain kann nur so lange gepfändet werden, bis der Anspruch des Gläubigers gedeckt ist.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus Tatbestand und Entscheidungsgründen:
Die Gläubigerin hat am 18. September 2000 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Schuldnerin erwirkt, mit dem die angeblichen Rechte der Schuldnerin, insbesondere Nutzungsrechte aus der Registrierung der ihr von der DENIC Domain Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft e.G. erteilten Domain "qxxx.de" nach Maßgabe des mit der Drittschuldnerin geschlossenen Vertrages sowie das Recht auf Verlängerung der Domainregistrierung, gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Der der Pfändung zugrunde liegende Titel besteht in dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2000 - Aktenzeichen …, aus dem sich eine Forderung der Gläubigerin in Höhe von 70.162,08 DM ergibt.

Die Schuldnerin hat gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Erinnerung eingelegt, welcher die Gläubigerin entgegengetreten ist.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Langenfeld die Erinnerung zurückgewiesen. Der Amtsrichter hat ausgeführt, dass es sich bei der gepfändeten Domain um ein anderes Vermögensrecht im Sinne des § 857 Abs. 1 ZPO handele und die Schuldnerin durch die Vollstreckungsmaßnahme auch nicht in ihrem Namensrecht verletzt werde.

Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Gläubigerin beantragt, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Rechte der Schuldnerin aus der Registrierung der ihr von der DENIC erteilten Domain "qxxx.de" so lange gepfändet werden, bis ihr Anspruch gedeckt ist.

Auf diesen Schriftsatz hat die Schuldnerin nicht reagiert.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 793 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO), in der Sache jedoch nicht begründet.

Entgegen der Auffassung der Schuldnerin handelt es sich bei der gepfändeten Domain um ein anderes Vermögensrecht im Sinne von § 857 Abs. 1 ZPO.

Pfändbar sind danach selbständige Vermögensrechte, d.h. geldwerte Rechte.

Eine Internetdomain (Adresse zur Nutzung im Internet) ist veräußerlich und damit als Vermögensrecht nach § 857 ZPO pfändbar (LG Essen JurBüro 2000, 213; Zöller-Stöber, ZPO, 22. Aufl. § 857 Rn, 12 c; Schneider ZAP 14, 355).

Zunächst wird dargestellt, worum es sich bei einer Internetdomain handelt .

Das Internet besteht aus einem Netzwerk von Tausenden von unabhängigen Netzwerken, die ihrerseits aus mehreren Millionen sogenannten Host-Computern bestehen. Wenn zwei Computer miteinander kommunizieren wollen, so müssen sie den jeweils anderen identifizieren können. Internetbenutzer, die eine Verbindung zwischen den an das Internet angeschlossenen Computern aufbauen wollen, benötigen daher eine eindeutige Zieladresse, um die Verbindung zum angerufenen Computer herzustellen und die zur Verfügung gestellten Dienste abzurufen. Für die Computer selbst wurde zur weltweiten eindeutigen Identifizierung im Internet eine numerische Adresse eingeführt. Für die Menschen wurde ein System geschaffen, das es ermöglicht, den an das Internet angeschlossenen Rechnern statt numerische Adressen, auch IP-Adressen genannt, logische Namen zuzuordnen. Es entstand das sogenannte Domain-Name-System, eine weltweit eindeutige und logische Namensstruktur, die jedem an das Internet angeschlossenen Rechner einen hierarchisch strukturierten Namen zuweist.

Mit der Eingabe eines Domain-Namens und dem Betätigen der Eingabetaste werden die dem Domain-Namen zugehörige IP-Adresse durch einen Dekoder ermittelt und die Verbindung zu dem angewählten Rechner hergestellt.

Eine Internetdomain setzt sich dabei wenigstens aus einer TOP-Level-Domain und einer Second-Level-Domain zusammen.

Die deutsche Vergabestelle für Internetadressen, DENIC (hier: Drittschuldnerin), vergibt Second-Level-Domains mit der TOP-Level-Domain ".de".

In fast allen europäischen Ländern gibt es nationale Vergabestellen, die jeweils unter ihrer nationalen TOP-Level-Domain Second-Level-Domains vergeben. So lautet die TOP-Level-Domain in z.B. Italien ".it", in Österreich ".at", in Spanien ".es".

Die jeweilige TOP-Level-Domain wird ergänzt durch die Second-Level-Domain. Die Second-Level-Domain kann grundsätzlich frei gewählt werden.

Der Inhaber einer Internetdomain ist in der Lage, auf seinem Computer ein Programm (Homepage) zu installieren, zu dem derjenige, der den Computer anwählt, Zugang erhält. Eine Internet-Domain als Zugangsadresse hat demzufolge ggf. einen hohen Werbe- und Marktwert.

Internetdomains können gehandelt, vermietet und abgetreten werden. Gründe, die gegen eine grundsätzliche Pfändbarkeit sprechen, sind nicht erkennbar.

Entgegen dem vom Landgericht München (JurBüro 2000, 595, 596) entschiedenen Fall, ist vorliegend auch keine Verletzung des Rechtes auf Namensschutz zu erkennen. In dem von dem Landgericht München entschiedenen Fall bestand die Second-Level-Domain aus dem Nachnamen des Inhabers der Schuldnerin.

Bei der Second-Level-Domain "qxxx.de" wird lediglich auf die Firma, nicht jedoch den Geschäftsführer oder sonstige Beteiligte namentlich Bezug genommen.

Aus § 12 BGB folgt, dass niemandem verwehrt werden kann, sich in redlicher Weise im Privatleben seines bürgerlichen Namens zu bedienen. Der Geschäftsführer der Schuldnerin sowie etwaige Gesellschafter sind jedoch nicht gehindert, im Privaten im Internet tätig zu werden. Lediglich die auf die Firma bezogene Adressfunktion ist durch die Second-Level-Domain "qxxx.de" betroffen .

Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe des geänderten Antrages der Gläubigerin zurückzuweisen.

(...)


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