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Fundstelle: CoR 10/02, 720
Urheberrecht/Verstöße durch GmbH/persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers/
§ 823 Abs. 2 BGB
OLG Frankfurt; Urteil vom 13. 11. 2001 – 11 U 15/01 -
rechtskräftig
Der Geschäftsführer einer GmbH kann für Verstöße seiner Mitarbeiter gegen das Urheberrecht selbst dann persönlich haften, wenn er keine Kenntnis von der rechtsverletzenden Handlung seiner Mitarbeiter hat.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)
Aus den Entscheidungsgründen:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Verfügungsbeklagten zu 2 und- 3 als gesetzliche Vertreter der Verfügungsbeklagten zu 1 persönlich für deren Verletzungshandlungen haften.
1.) Ob sich die persönliche Haftung der Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 allein .aus einer Verletzung der Aufsichts- und Überwachungspflichten ergeben würde, wie das Landgericht gemeint hat, erscheint zumindest zweifelhaft. "Der gesetzliche Vertreter einer GmbH haftet neben dieser persönlich für eigenes Verhalten grundsätzlich nur, wenn er entweder selbst an der rechtsverletzenden Handlung teilgenommen hat oder wenn er von dem Verstoß wußte und nicht dagegen eingeschritten ist, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte (BGH GRUR 1986, 248 - Sporthosen; OLG Frankfurt ZIP 1994, 324; Köhler/piper, UWG, 2. Aufl. vor § 13 Rn. 71; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Auflage, Rdnr. 498; Samwer, WRP 1999, 69). Er haftet aber - zumindest nach in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretener Auffassung - nicht schon deshalb, weil in dem Betrieb der von ihm vertretenen juristischen Person durch Mitarbeiter wettbewerbswidrig gehandelt wurde. Sofern die Verletzungshandlung nicht bekannt war, können die Organe einer juristischen Person nach dieser Auffassung wegen eines durch die Gesellschaft begangenen oder ihr zuzurechnenden Verstoßes nicht persönlich verantwortlich gemacht werden (BGH a.a.O.; Melullis a.a.O. m.w.N.; zur abweichenden Auffassung vgl. Maier, WRP 2986, 71 mit Nachweisen zur Rechsprechung).
2.) Eine Kenntnis ihrer Mitarbeiter und ihre eigene Kenntnis von den Falsifikaten haben die Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 - jedenfalls in zweiter Instanz - zwar bestritten. Die Beweislast für die Voraussetzungen seines Anspruchs und die Umstände, die die Verpflichtung des in Anspruch genommenen begründen, trägt auch grundsätzlich der Kläger. Sie kann allerdings im einzelnen durch rechtliche Regeln und durch die Lebenserfahrung erleichtert werden. Schließlich kann der Rechtsgedanke des § 282 BGB zu einer Umkehr jedenfalls der Darlegungslast führen, wenn es sich um Vorgänge in der Sphäre allein des Beklagten handelt (vgl. nur Melullis a.a.O. Rdnr. 482 n.w.N.).
Im vorliegenden Fall spricht die Lebenserfahrung dafür, daß die sachkundigen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten die Fälschungen erkannt haben mußten. Denn die Fälschungen sind von den Mitarbeitern der Stadt unverzüglich nach Anlieferung bemerkt worden. Es vermag nicht einzuleuchten, daß das nach Behauptung der Verfügungsbeklagten zu- 2 und 3 erfahrene und geschulte Personal der Verfügungsbeklagten zu 1 die Fälschungen unter gleichen Voraussetzungen nicht bemerkt haben soll. Ebenso spricht die Lebensvermutung dafür, daß für diesen Fall die Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten zu 1 im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufes und innerhalb eines verhältnismäßig überschaubaren Betriebes auch die Geschäftsführer, die Verfügungsbeklagten zu 2 und 3, hiervon unterrichtet haben würden. Unter diesen Umständen neigt der Senat zu der Annahme, dass sich die Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 nicht auf ein einfaches Bestreiten ihrer Kenntnis zurückziehen durften, sondern im einzelnen die betrieblichen Abläufe substantiiert hätten darlegen und nachvollziehbar erklären müssen, wie die Abwicklung des gesamten Großauftrages ohne ihre Kenntnis von den offenkundigen Fälschungen erfolgen konnte.
3.) Der Senat kann die Frage offen lassen. Denn die eigenverantwortliche persönliche Haftung für die Unterlassungspflicht - der Verfügungsbeklagten zu 1 ergibt sich für die Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 für die Zukunft jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr (BGH a.a.O. - Sporthosen).
Für künftige Rechtsverletzungen gilt, daß die Verfügungsbeklagten zu 2 und zu 3 nunmehr die Möglichkeit erneuter gleichartiger Handlungen ihrer Angestellten kennen und für ihr eigenes Verhalten, insbesondere für ihre Verpflichtung zur Störungsbeseitigung, in Rechnung stellen müssen. Aufgrund dieser Kenntnis müssen sie sich nunmehr auch die Handlungen der Verfügungsbeklagten zu 1 zurechnen lassen, für die Wiederholungsgefahr besteht. Im Hinblick auf die Vorgeschichte und das Verhalten der Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 im Rechtsstreit bejaht der Senat ,ihnen gegenüber die Gefahr künftiger Zuwiderhandlungen. Sie haben die gegen sie ergangene einstweilige Verfügung nicht sofort anerkannt, sondern Widerspruch eingelegt und sich - zunächst - mit der Einrede der Ausländersicherheit gegen die einstweilige Verfügung verteidigt. Darüber hinaus haben die Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 ihre Verantwortlichkeit von Anfang an schlechthin geleugnet und bestritten, an dem fraglichen Erwerb bzw. der Veräußerung von Datenträgern selbst mitgewirkt zu haben. Angesichts des Beharrens auf ihrem - erkennbar nicht Rechtsverteidigung vorgetragenen - Rechtsstandpunkt geben die Verfügungsbeklagten zu, daß sie ihrer Verpflichtung zur Störungsbeseitigung künftig nicht nachkommen werden.
Der Annahme von Erstbegehungsgefahr steht auch nicht entgegen, daß der Verfügungsbeklagte zu 2 seit März nicht Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 1 ist. Sein Ausscheiden aus dem Betrieb berührt den einmal gegen den gesetzlichen Vertreter begründeten Unterlassungsanspruch - auch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr - grundsätzlich nicht.
Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß ein Geschäftsführer künftig wiederum maßgeblich seinen Einfluß im Zusammenhang mit der Verletzung des betroffenen Immaterialgüterrechts (wahrnimmt) oder die Beendigung des Dienstvorgangs oder die Abberufung als Organ der Gesellschaft nur prozeßbedingt vorübergehender Natur ist (Klaka GRUR 1988, 729, 732i BGH a.a.O.).
Maßgeblich ist, daß dem Verfügungsbeklagten zu 2 die einstweilige Verfügung vorn 18.02.2000 noch im Februar 2000 zugestellt wurde und er spätestens in diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem Vertrieb der gefälschten Datenträger erlangte. Unter diesem Gesichtspunkt haftet auch der Verfügungsbeklagte zu 2 unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr.
Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels haben die Verfügungsbeklagten zu 2 und 3 gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
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