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Übergabe des Quellcodes
BGB § 14; AGBG §§ 2,24
LG Köln, Urteil vom 15.04.2003; ger. Az.: - 85 O 15/03 -


1. Für die wirksame Eineziehung von AGBen in einen Vertrag unter Kaufleuten reicht der Hinweis auf Geltung der AGBen aus, wenn der Vertragspartner die Möglichkeit hat, sie anzufordern.
2. Durch AGBen kann die Verpflichtung eines Programmierers zur Übergabe des Quellcodes ausgeschlossen werden.

(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Die Parteien sind in der Kommunikations- und Datenbranche tätig. Die Klägerin erhielt von der BKK für steuerberatende und juristische Berufe den Auftrag, ein Call-Center einzurichten, um den Geschäftsverkehr der BKK mit ihren Versicherten sicherzustellen. Da die Klägerin hierzu allein nicht in der Lage war, beauftragte sie die Beklagte mit der Lieferung von Hard- und Software-Komponenten, der Installation und Einrichtung dieser Komponenten und der Einrichtung und dem Test einer Fernwartung.

Vor Vertragsschluss hatte die Beklagte an die Klägerin mit Datum v. 16.12.1999 ein Angebot gesandt, in dem auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten Bezug genommen worden war. Mit Datum v. 8.6.2000 übersandte die Beklagte an die Klägerin ein weiteres Angebot. Auch in diesem Angebot wurde auf die Allgemeinen Liefer- und Geschäftsbedingungen der Beklagten Bezug genommen, nach deren Inhalt die Quellcodes der von der Beklagten erstellten Programme und Lösungen nicht zum Lieferumfang ihrer Produkte und Dienstleistungen gehören und im alleinigen Eigentum der Beklagten verbleiben.

Das Vorhaben bei der BKK wurde von den Parteien ordnungsgemäß abgewickelt. Die Erstellung des Call-Centers wurde am 27.10.2001 von der Klägerin vorbehaltlich eines Mangels abgenommen.

Seit Beginn des Jahres 2002 ist die Beklagte allein für das Projekt der BKK tätig. Unter anderem hat sie mit der BKK einen Wartungs- und Softwarepflegevertrag bezüglich des Call-Centers geschlossen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten seien nicht Gegenstand des Vertrags der Parteien geworden, da sie dem Angebot der Beklagten nicht beigelegen hätten.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die Geschäftsbeziehung zu ihr gekündigt, um das Projekt mit der BKK selbstständig mit Hilfe des Quellcodes zu organisieren und auszubauen. Dieses Verhalten sei wettbewerbswidrig. Die Klägerin sei ohne die Quellcodes nicht in der Lage, einen Wartungsvertrag abzuschließen, um die weitere Wartung und Pflege der gelieferten Programme bei der BKK zu übernehmen.
(...)

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf Herausgabe des Quell-Codes. Dementsprechend sind auch die übrigen von der Klägerin verfolgten Ansprüche unbegründet.

Nach Ziff. 4.) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist der von der Klägerin geltend gemachte Herausgabeanspruch wirksam ausgeschlossen. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, auf Grund welchen Angebots der Beklagten der Vertrag zu Stande gekommen ist, da die Beklagte in beiden Angeboten auf die Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen hat. Diese sind entgegen der Auffassung der Klägerin wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien einbezogen worden. § 2 ABG findet nach § 24 ABGB auf Unternehmer i.S. von § 14 BGB keine Anwendung. Unter Unternehmern genügt zur Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass eine Partei bei Vertragsabschluss deutlich macht, dass sie den Vertrag nur unter Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließen will. Die Bedingungen selbst müssen dem maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt werden, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 2 ABGB Rz. 26 m.w.N. Unter Unternehmern ist es nicht erforderlich, dass der Vertragspartner die Allgemeinen Geschäftsbedingungen tatsächlich kennt. Die Möglichkeit, sie anzufordern, reicht für ihre wirksame Einbeziehung. Diese Möglichkeit hat die Beklagte der Klägerin offeriert, indem sie in ihren Angeboten ausdrücklich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen hat.

Auch i.Ü. bestehen keine Bedenken gegenüber der Wirksamkeit der Klausel. Sie ist eindeutig. Sie bezieht sich sowohl auf Standard- als auch auf Individual-Software. Die Klausel ist auch nicht ungewöhnlich oder überraschend. So lässt etwa § 18 Nr. 2 der besonderen Vertragsbedingungen für die Überlassung von Datenverarbeitungsprogrammen, Beilage 27/77 zum Bundesanzeiger Nr.216 v. 19.11.1977 Vereinbarungen über die Überlassung/Nichtüberlassung von Quellprogrammen und Quellcodes ausdrücklich zu. Da auch die Klägerin in der Kommunikations- und Datenbranche tätig ist, ist gerade auch ihr gegenüber die Verwendung einer entsprechenden Klausel nicht ungewöhnlich und überraschend.

Die von der Beklagten verwendete Klausel verstößt auch nicht gegen § 8 AGBG. Qualifiziert man die Software der Beklagten als Standard-Software, ist die Überlassung des Quell-Codes nicht erforderlich, da solche Programme ohne weit reichende Änderungen eingesetzt werden sollen. Insoweit wird allgemein davon ausgegangen, dass die Mitlieferung des Quellcodes in diesen Fällen nicht verkehrs- oder handelsüblich ist und im Zweifel nicht zum Leistungsumfang gehört.

Bei einer Qualifizierung der Software der Beklagten als Individual-Software, gilt i.E. nichts anderes: Im Zweifel ist der erhebliche wirtschaftliche Wert, den der Quell-Code einer Individual-Software darstellt, nämlich mit der Bezahlung der Programmüberlassungs-Gebühr nicht mit abgegolten, vgl. Junker/Benecke, Computerrecht, 2. Aufl., Rz. 186; MoritzlTybussek, Computer-Software, 2. Aufl., Rz. 767 . Dementsprechend leitet die Rechtsprechung eine Verpflichtung zur Übergabe des Quell-Codes nicht allein aus der Bestellung einer Individual-Software ab; die Frage, ob der Quell-Code zu überlassen ist, wird vielmehr jeweils anhand einer Vertragsauslegung im Einzelfall beurteilt.

Gehört aber die Übergabe des Quell-Codes nicht zwingend zu den Leistungspflichten des Herstellers von Individual-Software, dann ist ein formularmäßiger Ausschluss einer solchen Überlassungspflicht möglich und wirksam. Der Softwarebesteller wird hierdurch auch nicht unangemessen benachteiligt. Das Interesse des Software-Herstellers am Schutz seines Arbeitsergebnisses und seines Know- hows überwiegt nämlich das Interesse des Bestellers, der durch die Möglichkeit des Abschlusses eines Wartungsvertrages, zu dessen Abschluss der Hersteller unter Umständen sogar verpflichtet sein kann, hinreichend geschützt ist. Auch wenn es sich vorliegend um Individual- Software handeln sollte, sind wesentliche Pflichten des Softwarehersteller-Vertrags somit durch den Ausschluss der Herausgabe des Quell-Codes nicht derart eingeschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet wäre.

Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 1 UWG i. V.m. § 249 BGB kommt nicht in Betracht, denn die Voraussetzungen des § 1 UWG liegen nicht vor. Das Abwerben von Kunden eines Mitbewerbers alleine begründet noch kein wettbewerbswidriges Verhalten. Es ist vielmehr als Ausdruck von Wettbewerb erwünscht. Es liegt gerade im Wesen des Wettbewerbs, in einen fremden Kundenkreis einzudringen, um diesen von der Qualität und Preiswürdigkeit des eigenen Leistungsangebots zu überzeugen und für sich zu gewinnen (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rz. 893). Der wettbewerbsrechtliche Schutz wird lediglich bei der Verleitung eines fremden Kunden zum Vertragsbruch gewährt. Voraussetzung ist daher eine von der Abwerbung bedrohte vertragliche Bindung des Kunden an den Mitbewerber. Die Klägerin trägt jedoch selbst nicht vor, dass zwischen ihr und der BKK ein Wartungsvertrag bestand. Vielmehr sollte die Klägerin der BKK diesbezüglich erst noch ein Angebot unterbreiten; die bloße Hoffnung auf Vertragsabschlüsse wird vom UWG jedoch nicht geschützt.

Eine Kundenschutzabrede ist zwischen den Parteien nicht zu Stande gekommen.
(...)


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