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Fundstelle: MMR 2003, 105

Impressums- und Informationspflicht einer Homepage
§ 1 UWG, § 6 TDG
OLG Hamburg; Beschluss vom 20.11.2002; ger. Az.: - 5 W 80/02 -
rechtskräftig


1. Die Informationspflichten eines Homepagebetreibers stellen keine wertbezogene Vorschrift dar und können daher nur dann einen Anspruch auf Unterlassung durch einen Wettbewerber geben, wenn das Verschweigen der Angaben nach § 6 TDG planmäßig zur Erlangung eines Wettbewerbsvorteils geschieht.
2. Bei der leicht erkennbaren Gestaltung eines Impressums oder einer Kontaktseite ist auf den üblichen Gebrauch des Verkehrs Rücksicht zu nehmen; ein "Impressum" i.S.d. § 6 TDG kann auch als "Kontakt" gekennzeichnet werden, wenn für die angesprochenen Verkehrskreise klar ist, dass hier Informationspflichten des Seitenbetreibers erfüllt werden.

(Leitsatz der Kanzlei FlickSaß)

Aus dem Tatbestand:
Die Ag. wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Auferlegung der Kosten nach Erledigung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens. Die Ag. vertreibt über ihre Homepage u.a. CD-ROMs zu verschiedenen Themen. Auf der Startseite der Homepage befinden sich keine Angaben zu Name, Anschrift, Vertretungsberechtigten oder zur elektronischen Post. Zu diesen Angaben gelangte man ursprünglich nur über ein auf der Startseite mit "backstage" bezeichnetes Untermenü. Nach Anklicken dieses Untermenüs erschien am rechten Bildschirmrand ein weiteres mit "Impressum" bezeichnetes Untermenü, wo die genannten Angaben zur Ag. zu finden waren. Der Titel des Untermenüs "Impressum" war bei einer Bildschirmauflösung von 600-800 Pixeln nicht vollständig lesbar, sondern erforderte ein vorheriges "Scrollen" des Bildschirmausschnitts nach rechts.
(...)

Aus den Entscheidungsgründen:
(...)

II. Die Beschwerde der Ag. hat (...) in der Sache keinen Erfolg.

(...)

b) Der Ast. stand ein Anspruch auf Unterlassung aus § 1 UWG i. V.m. § 6 T DG zu. Die Ag. hat bei der Gestaltung ihres Teledienstes die erforderlichen Angaben nach § 6 T DG nicht in leicht erkennbarer und unmittelbar erreichbarer Weise bereitgehalten.
(...)
Aus dieser Verletzung der Pflichten aus § 6 TDG folgt ein Verstoß gegen § 1 UWG.

(...)
aa) Die Ag. hat gegen die ihr als Diensteanbieterin i.S.d. § 3 Ziff. 1 T DG obliegenden Informationspflichten gern. § 6 Ziff. 1, 2 und 4 T DG verstoßen. Die erforderlichen Angaben sind leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar dem Nutzer zugänglich zu machen. Die Führung dieser Angaben unter dem Begriff "Backstage" und die weitergehende Anordnung in der Weise, dass der Nutzerden Hinweis "Impressum" auf der rechten Bildschirmseite bei einer Auflösung von 800x600 Pixeln erst nach vorherigem Scrollen vollständig lesen und die zugehörigen Angaben über die Ag. erst nach Anklicken mehrerer Unterpunkte wahrnehmen kann, genügt nicht den Anforderungen des § 6 T DG.

(1) Soweit die Ag. die erforderlichen Angaben unter dem am linken Bildschirmrand im Zusammenhang mit weiteren Suchkategorien angeordneten Begriff "Backstage" führt und eine Gestaltung vornimmt, bei der der Nutzer - ausgehend von der Startseite - erst nach Anklicken eines bei einer Auflösung von 800x600 Pixeln auf dem Bildschirmausschnitt nicht vollständig lesbaren Oberbegriffs Zugang zu den Angaben gern. § 6 Ziff. 1,2 und 4 T DG erhält, ist dies nicht leicht erkennbar i.S.d. § 6 T DG. Der Bereich des Fernabsatzes hat durch die Einführung der §§ 312b ff. BGB sowie die zugehörige Informations-Verordnung (BGB-InfoV) eine umfassende Regelung erfahren, wobei sich aus § 312e BGB i.V.m. § 3 BGB-InfoV sowie dem T DG besondere Vorgaben für den elektronischen Geschäftsverkehr ergeben. Die gesetzlichen Anforderungen dienen insgesamt dazu, eine klare und verständliche Darstellung des Angebots sowie eine ausreichende Information über Art und Weise sowie Umfang der rechtlichen Verpflichtungen sowie die Person des Vertragspartners zu gewährleisten und auf die Entwicklung gewisser Standards in diesem Bereich hinzuwirken. Die - teilweise sich überschneidenden - rechtlichen Vorgaben sind in ihrem Zusammenhang zu würdigen und bei der Auslegung des § 6 T DG zu berücksichtigen (s.a. § 6 Abs. 2 T DG, der auf das -inzwischen in das BGB eingefügte- FernAbsG verweist).

Eine leicht erkennbare Wiedergabe i.S.d. § 6 T DG setzt nach alledem zum einen voraus, dass die Informationen optisch leicht wahrnehmbar sind. Insb. dürfen sie nicht derart platziert werden, dass ein vorheriges Scrollen des Bildschirms erforderlich ist, um sie lesen zu können (Hoenike/Hülsdunk, MMR 2002, 415, 416). Indes erschöpft sich darin nicht der Bedeutungsgehalt. Eine leichte Erkennbarkeit setzt zugleich voraus, dass der Diensteanbieter bei der zur sinnvollen Gliederung der Seiten erforderlichen Verwendung weiterführender, durch entsprechende Oberbegriffe gekennzeichneter Links eine Terminologie wählt, die für den Nutzer auch als Hinweis auf die Angaben nach § 6 T DG verstanden wird. Etwas anderes ergibt sich dabei auch nicht aus dem Vergleich mit § 312c Abs. 1 BGB; danach ist eine mediengerechte "klare und verständliche" Bereitstellung der Angaben nach § 1 BGB- InfoV erforderlich. Soweit darin eine verständliche sprachliche Fassung ausdrücklich vorgesehen wird, ergibt sich kein Rückschluss derart, dass durch die Formulierung "leicht erkennbar" nur rein gestalterische Anforderungen gestellt werden sollen. Denn der Zugriff auf die Informationen kann durch die optisch versteckte Anordnung in gleicher Weise vereitelt werden, wie durch die Verwendung unverständlicher Bezeichnungen. Ungeachtet dessen, dass der Nutzer auch auf die kreative und originelle Gestaltung eines Internetauftritts Wert legt und mit dem Aufsuchen einer Website häufig auch die Erwartung verbindet, eine unterhaltsame Art und Weise der Darstellung vorzufinden, muss nach dem Zweck der Informationspflichten aus § 6 T DG der Diensteanbieter auf übliche Bezeichnungen zurückgreifen. Seine Gestaltungsfreiheit unterliegt insoweit Beschränkungen; der Diensteanbieter hat sich bei diesen Angaben an den Gepflogenheiten der beteiligten Verkehrskreise zu orientieren.

Bei dem Bereithalten von Telediensten hat sich im Verkehr die Bezeichnung "Kontakt" oder "Impressum" durchgesetzt, um den Nutzer auf die Angaben zur Person des Anbieters hinzuweisen. Der Begriff "Backstage" wird im allgemeinen Sprachgebrauch hingegen eher mit der Musikbranche in Verbindung gebracht. Mit ihm wird die Erwartung verbunden, auf unterhaltsame Weise Einblicke im Hinblick auf eine künstlerische Darbietung oder die Person eines Künstlers zu erhalten, die der Öffentlichkeit gewöhnlich nicht zugänglich sind. Er vermag daher nicht mit der erforderlichen Klarheit auf die Angaben nach § 6 T DG hinzuweisen. Indem die Ag. die Angaben nach § 6 Ziff. 1, 2 und 4 T DG auf der folgenden Seite unter dem üblichen Begriff "Impressum" zugänglich macht, führt auch die wegen der bei einer Auflösung von 800x600 Pixeln nicht vollständige Lesbarkeit dieses Worts zum Fehlen der leichten Erreichbarkeit. Diese Auflösung stellt eine im Verkehr verbreitete technische Ausstattung dar. (...) Diesen Umstand hatte die Ag. bei der Gestaltung zu beachten und im Hinblick auf die erforderliche Wahrnehmbarkeit eine geeignete Darstellung zu wählen.

(2) Auf Grund dieser Gestaltung des Teledienstes sind die Angaben nad1 § 6 Ziff. 1,2 und 4 T DG auch nicht unmittelbar erreichbar. Unmittelbare Erreichbarkeit ist i.S.e. Zugangsmöglichkeit ohne wesentliche Zwischenschritte zu verstehen. Dabei ist die Möglichkeit, durch Anklicken eines entsprechenden links eine Seite mit den Informationen aufzurufen, ausreichend und im Hinblick auf die typische Vorgehensweise bei der Nutzung von Angeboten im elektronischen Geschäftsverkehr als üblich anzusehen (Hoenike/Hülsdunk, a.a.O., S. 417). Erforderlich ist aber auch in diesem Zusammenhang, dass die vom Diensteanbieter gewählten Begriffe nicht missverständlich sind und der Nutzer erkennen kann, welche Informationen unter dem jeweiligen Begriff abrufbar sind. Diesen Anforderungen ist die Ag. entsprechend den vorherigen Erwägungen nicht nachgekommen.

bb) Die beanstandete Gestaltung des Teledienstes durch die Ag. führt auch zu einem Verstoß gegen § 1 UWG. Ob es sich bei der Regelung des § 6 T DG um eine wertbezogene oder wertneutrale Rechtsnorm handelt, kann vorliegend offen bleiben. Durch ihr Verhalten hat sich die Ag. bewusst und planmäßig einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil verschafft, so dass ihr Verhalten als sittenwidrig im Wettbewerb anzusehen ist.

(1) Vorliegend kommt es für den Anspruch der Ast. nicht darauf an, ob es sich bei der Regelung des § 6 T DG um eine wertbezogene oder eine wertneutrale Rechtsnorm handelt; auch insoweit stimmt der Senat der angegriffenen Entscheidung zu (nach LG Harnburg, NJW-RR 2001, 1075 soll § 6 Nr.1 T DG allerdings keine wertbezogene Norm sein, sondern eine reine Ordnungsvorschrift, zustimmend Schneidet; MDR 2002, 1236, 1238 m.w.Nw.). Ein Verstoß gegen die guten Sitten durch Verletzung einer wertbezogenen Norm kommt insb. dann in Betracht, wenn eine Vorschrift ein für die Allgemeinheit besonders wichtiges Gut schützt, etwa die Volksgesundheit, die Umwelt oder den Verbraucher. Hingegen sind wertneutrale Normen in erster Linie durch eine rein ordnende Funktion gekennzeichnet (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 614,630 zu § 1 UWG). Wesentliche Bedeutung hat daher die Zielsetzung der Regelung. Wie sich aus den Erwägungsgründen zur Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr 2000/31/EG v. 8.6.2000 ergibt, soll durch die Richtlinie - deren Umsetzung das T DG dient - neben der Förderung der Informationsgesellschaft und des wirtschaftlichen Fortschritts auch ein einheitliches Schutzniveau im Bereich des Verbraucherschutzes gewährleistet werden (ABI. EG Nr. 1 l178, S. 1 ff.; vgl. auch OLG München MMR 2002, 173). Dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes kommt zudem zunehmend hohe Bedeutung als Bestandteil des Rechts gegen unlautere Wettbewerbshandlungen zu (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Allg Rdnr. 79). Darüber hinaus handelt den guten Sitten im Wettbewerb zuwider, wer sich dadurch Vorteile im Wettbewerb verschafft, dass er gegen Normen verstößt, die gerade zum Schutz der regelmäßig schwächeren Vertragspartei erlassen worden sind (BGH GRUR 2000, 731, 733 - Sicherungsschein).

Ungeachtet dieses Hintergrunds bestehen im Hinblick auf die Vielzahl von Normen, die - u.a. - dem Verbraucherschutz dienen, jedoch Bedenken, diese stets allein auf Grund dieser gesetzgeberischen Intention als wertbezogene Normen zu qualifizieren mit der Folge, dass einem Verstoß stets eine wettbewerbsrechtliche Bedeutung dahin beizumessen wäre, dass sich das Verhalten als unlauter darstellt. Da vorliegend bereits weitere Umstände die Unlauterkeit des Verhaltens der Ag. begründen, erübrigen sich weitere Feststellungen dazu, welche Funktion bei § 6 T DG überwiegt, zu mal dessen Anforderungen im Zusammenhang mit den Regelungen der §§ 312bff. BGB und den §§ 1, 3 BGB-InfoV zu würdigen wären und eine mit der presserechtlichen Impressumspflicht vergleichbare Interessenlage besteht.

(2) Die Ag. hat sich durch den Verstoß gegen § 6 Ziff. 1,2 und 4 T DG bewusst und planmäßig einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil verschafft, indem sie es als Diensteanbieterin den Nutzern ihres Teledienstes erheblich erschwert hat, sich über ihren Vertragspartner ausreichend zu informieren. Die Anforderungen des § 6 T DG betreffen die Ag. in gleicher Weise wie ihre Mitbewerber. Die Nichteinhaltung der sich daraus ergebenden Informationspflichten führt dazu, ungleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber sich gesetzestreu verhaltenden Mitbewerbern herbeizuführen. Anhaltspunkte dafür, dass die Mitbewerber ebenfalls typischerweise gegen die Informationspflichten verstoßen, bestehen vorliegend nicht; insoweit weicht der Sachverhalt von dem der Entscheidung des BGH v. 13.7.1989 zu Grunde liegenden ab (BGHGRUR 1989,830,832 -Impressumspflicht). Der Normverstoß ist darüber hinaus geeignet, einen Wettbewerbsvorsprung zu erlangen (vgl. auch OLG Frankfurt/M. MMR 2002, 529 zu § 2 Abs. 2 Nr. 1, 8 FernAbsG). Dies ergibt sich daraus, dass die nach § 6 T DG vorzuhaltenden Angaben gerade auch dazu dienen, dem Nutzer einen Überblick darüber zu verschaffen, an wen er sich bei einem Vertragsschluss wenden muss, um seine Ansprüche durchzusetzen sowie darüber, an wen er selbst seine Leistung zu erbringen hat. Die Ag. hat den Zugang zu diesen Informationen durch die Gestaltung ihres Teledienstes in mehrfacher Hinsicht erschwert. Darüber kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die nach Anklicken des Begriffs "Backstage" sichtbar werdenden Angaben zu der betrieblichen Organisation beim Nutzer der Eindruck erweckt wurde, er erhalte bereits die relevanten Informationen; der weiterführende Link "Impressum" war dabei jedenfalls bei einer Auflösung von 800x600 Pixeln nicht deutlich und vollständig lesbar. Die ohne weiteres zugänglich gemachten Informationen reichen indes für eine Identifizierung des Diensteanbieters nicht aus; insb. ergeben sich aus der Angabe "Geschäftsführung" noch keine dafür ausreichenden Anhaltspunkte. Vor diesem Hintergrund besteht die Möglichkeit, dass die Ag. dadurch besonders günstige Angebote vorhalten konnte, dass sie wegen der versteckten Angaben in geringerem Umfang zivil- oder gar strafrechtliche Konsequenzen befürchten musste. Dass der Ag. die Anforderungen des § 6 T DG auch bestens bekannt waren, ergibt sich bereits daraus, dass sie selbst (...) vor Beginn des hiesigen Verfahrens die Ast. wegen des nämlichen Verstoßes abgemahnt hat (...) an einem bewussten und planmäßigen Verstoß bestehen insoweit keine Zweifel.

(...)


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