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§ 12 BGB
OLG Dresden, Urteil vom 28.11.2000; ger.Az.: -14 U 2486/00-

1. Der Sächsiche Ministerpräsident als Namensinhaber hat keinen Anspruch auf Löschung einer Domain gegen die DENIC e.G., weil diese bei der Domainvergabe keine Prüfungspflicht hat und daher auch nicht Gehilfe oder Mittäter ist.
2. Ohne ordentliche Abmahnung besteht trotz Anerkenntnisses auch kein Kostenersatzanspruch gegen die DENIC e.g.

(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Der Kläger ist der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen. Die Beklagte zu 2. ist die neutrale Vergabestelle für Domain-Namen der Top-Level-Domain "de", bei der sich der Beklagte zu 1. die Internet-Adresse "Kurt-Biedenkopf.de" hat reservieren lassen.

Diese Domain bot der Beklagte zu 1. dem Kläger (...) zur entgeltliche Nutzung an. Dieser wies das Angebot zurück (...) und forderte den Beklagten zu 1. erfolglos auf, die Domain aufzugeben und die "Namensrechtsverletzung" zu unterlassen. Mit weiterem Schreiben der Staatskanzlei des Freistaates Sachsen (...) wurde dem Beklagten zu 2. eine Kopie des Schreibens an den Beklagten zu 1. vom 23.11.1999 übermittelt. Ergänzend wurde ausgeführt:

"Diese Reservierung stellt eine Namensleugnung dar, weil die aus einem Namen gebildete Domain Namensfunktion hat. Derjenige, der sich den geschützten Namen eines anderen als Domain-Namen reservieren lässt, verletzt dessen Namensrecht (vgl. LG Magdeburg, Urt. v. 18.06.1999, Az.: 36 O 11/99). In diesem Zusammenhang wird auf die Leitsätze 3 und 4 des zitierten Urteils verwiesen."

Dem Schreiben waren die Leitsätze des angesprochenen Urteils (...) beigefügt. Diese lauten:

    (1.) 3.
    Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, die Klägerin ab 15.05.1997 über den Umfang der vorstehend unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen, unter Angabe des Umfanges des erzielten Umsatzes sowie unter Angabe des Umfanges der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Bundesländern.

    (1.) 4.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. und 2. gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzten, der dieser ab 15.05.1996 durch die Handlungen nach Ziffer 1 entstanden ist oder künftig entstehen wird.

Die Beklagte zu 2. antwortete darauf mit Schreiben vom 25.11.1999 (...):

    "Da ich Sie nicht so verstehe, dass Sie irgendeine Forderungen gegen Beklagte zu 2) erheben wollten, ist es nicht nötig, Ihnen zu erläutern, dass und weshalb D. (Beklagte zu 2) für Sie in dieser Sache nicht der richtige Anspruchpartner wäre."
Der Beklagte zu 1. wurde verurteilt (rechtskräftiges Teilversäumnisurteil vom 25.05.2000, Bl. 109/110 d.A.), die Domain "Kurt-Biedenkopf.de" freizugeben und es zu unterlassen, sie zu benutzen oder benutzen zu lassen.

Auf die Klage erkannte die Beklagte zu 2. (...) die geltend gemachten Ansprüche insoweit an, als sie es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen hat, den Domain-Namen "Kurt-Biedenkopf" im Internet von dem Beklagten zu 1. benutzen zu lassen; weiter anerkannt wurde die Verpflichtung zur Löschung der Eintragung des Domain-Namens für den Beklagten zu 1. Die Domain wurde gelöscht. Der Kläger und die Beklagte zu 2. erklärten den Rechtsstreit im Umfang dieses Anerkenntnisses übereinstimmend für erledigt.

Der Kläger hat vorgetragen, bereits das Reservieren der Internet-Domain stelle ein Benutzen dar, weshalb die Beklagte zu 2. sein Namensrecht verletzt habe. Zudem habe sie sich an der Namensrechtsverletzung des Beklagten zu 1. durch Vergabe der Internet-Domain beteiligt. Sie habe auch ihre Prüfungspflicht verletzt, da der Verstoß unschwer zu erkennen gewesen wäre.

(...)

(Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, sie nutze die Internet-Domain nicht und sei an einer Verletzungshandlung des Beklagten zu 1. nicht zurechenbar beteiligt. Sie habe einzig die Verwaltung der Internet-Domain unter dem Top-Level "de" übernommen. Eine inhaltliche Kontrolle bzw. eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Berechtigung zur Benutzung könne ihr nicht auferlegt werden. Schon wegen der durch die Fülle der Anträge - monatlich über 200 000 - bedingten Automatisierung des Vergabeverfahrens sei eine inhaltliche Überprüfung nicht realisierbar.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25.08.1999 die Klage (gegen die Beklagte zu 2.) abgewiesen und dem Kläger auch die Kosten für den erledigt erklärten Teil auferlegt. Die Beklagte zu 2. habe die Internet-Domain "Kurt-Biedenkopf.de" nicht genutzt. Das bloße Registrieren und Verwalten von Internet-Domains sei keine Benutzung. Eine Prüfungspflicht der Beklagten zu 2. für die "Richtigkeit" der begehrten Anmeldung bestehe nicht, sie sei ihr nicht zuzumuten. Aufgrund des Anerkenntnisses seien dem Kläger die Kosten für den erledigten Teil aufzuerlegen, da die Beklagte zu 2. nicht abgemahnt worden sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger unter Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrages seinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 2. weiter. Zumindest bei berühmten Persönlichkeiten, deren Bekanntheit anhand des "Who is who" festgestellt werden könne, sei eine Nichtberechtigung des Anmelders unschwer festzustellen. Die Beklagte zu 2. müsse die Kosten des erledigten Teils tragen, da sie eine Verantwortung pauschal abgelehnt habe.

(...)

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch abgelehnt. Mit seinem Antrag begehrt der Kläger, dem Internet den Domain-Namen "Kurt-Biedenkopf.de" zu entziehen (I.). Ein Anspruch darauf besteht nicht, die Beklagte zu 2. hat keine Rechte des Klägers verletzt (II.). Auch auf die Registrierung der Domain für den Beklagten zu 1. kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen; die Wiederholungsgefahr ist entfallen, ein weitergehender präventiver Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch besteht nicht (III.). Die Kosten nach Teilerledigung, § 91 a ZPO, trägt der Kläger (IV.).

I.
Mit seinem Antrag - die Beklagte zu 2. möge es unterlassen, im Internet den Domain-Namen "Kurt-Biedenkopf.de" zu benutzen oder durch andere als den Beklagten zu 1. benutzen zu lassen - begehrt der Kläger, diesen Domain-Namen dem Internet zu entziehen, ohne sich selbst eintragen zu lassen. Ein Benutzen einer Domain durch Dritte ist im Internet nur möglich, wenn die Beklagte zu 2) die Domain registriert und ins Internet stellt. Die "Zuteilung" ist stets Voraussetzung einer Nutzung der Domain durch Dritte, die "Vergabe" ist stets ein kausaler (Tat-)Beitrag. Da der Kläger unter "benutzen" bereits das Reservieren der Domain, jedenfalls aber jeden kausalen Beitrag sieht, liegt im Unterlassungsantrag das Verbot der Vergabe der Domain, die Sperrung des Domain-Namens.

II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Sperrung des Domain-Namens im Internet, die Beklagte zu 2. hat seine Rechte nicht verletzt.
Die Registrierung und Verwaltung der Internet-Domain ist keine Benutzung durch die Beklagte zu 2.. Sie hat deshalb nicht das Namensrecht des Klägers, § 12 BGB (1.), auch nicht als Mittäter oder Gehilfe, § 830 Abs. 1, Abs. 2 BGB (2.), verletzt. Die Beklagte zu 2. ist auch nicht "Störer" (vgl. § 1004 BGB), ihr obliegt keine besondere Prüfung der Berechtigung des Domain-Anmelders (3.). Markenrechtliche Ansprüche, § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG, bestehen nicht, der Kläger ist nicht Markenrechtsinhaber; wettbewerbsrechtliche Ansprüche, §§ 1, 3 UWG scheitern, ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs fehlt.

1. Die Internet-Domain "Kurt-Biedenkopf.de" ist von § 12 BGB geschützt (zum Namensschutz einer Domain nur Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Allg. Rn. 249 a). Die Beklagte zu 2. verletzt dieses Namensrecht jedoch nicht, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat; auf das Urteil (insbesondere Seite 7 ff.) wird verwiesen.
§ 12 BGB schützt im Interesse der Persönlichkeit den Namensträger vor jedem unbefugten Gebrauch seines Namens, wenn ein schutzwürdiges Interesse verletzt ist. Ein Namensgebrauch liegt in jeder Verwendung, die nach Auffassung eines rechtlich beachtlichen Teils des Verkehrs auf irgendeine persönliche Beziehung des Namensträgers zu der mit seinem Namen bezeichneten Person, Sache oder Leistung schließen lässt (vgl. nur Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rn. 199). Die bloße Registrierung (und Verwaltung) eines Domain-Namens für einen Dritten ist kein Gebrauch des Namens. Die Beklagte zu 2. tritt bei der Vergabe nach außen hin nicht in Erscheinung, sie schafft nur die technischen Voraussetzungen, damit Dritte den Domain-Namen benutzen können. Als "neutrale Registrierungsstelle" ordnet sie den vom Anmelder der Domain ausgesuchten Namen der Internet-Protokollnummer zu. Die Beklagte zu 2. vergibt weder Domain-Namen noch stellt sie sie zur Verfügung oder erfindet sie. Sie trägt lediglich im Nameserver ein, wer unter welchem Namen erreichbar sein will. Es erfolgt auch keine "Benutzung im Internet", der Domain-Name ist kein unter dieser Internet-Adresse abrufbares Angebot der Beklagten zu 2. Das Patent- und Markenamt wird durch die Eintragung nicht zum Benutzer der Marke; die Beklagte zu 2. wird durch Registrierung und Verwaltung nicht zum Nutzer der Domain.
Auch wer im Registrieren und Verwalten den mittelbaren Gebrauch sieht (vergleichbar der sog. mittelbaren Marken- oder Patentverletzung, hierzu Starck in FS Piper, 1996, 627 ff. m.w.N; Bettinger/Freytag, Verantwortlichkeit der Beklagte zu 2) e.G. für rechtswidrige Domains?, CR 1999, 28, 32 f.) kommt nicht zu einer Namensverletzung. Mittelbarer Verletzer ist, wer einen ursächlichen Tatbeitrag zu einer unmittelbaren Verletzung eines Dritten leistet und die zur Vermeidung der Rechtsverletzung gebotenen und zumutbaren Maßnahmen unterlässt (OLG Düsseldorf WRP 1996, 559, 562 f. m.w.N.). Eine Verletzung setzt also voraus, dass es für die Vergabestelle geboten und zumutbar ist, derartige Verletzungen von Dritten zu verhindern, indem sie vor der Vergabe die Berechtigung des Anmelders zur Benutzung des Zeichens überprüft. Hierbei handelt es sich um dieselbe Frage wie bei der Prüfung einer möglicher Störerhaftung der Vergabestelle (hierzu unten 3.).

2. Die Beklagte zu 2. ist auch nicht Mittäter oder Gehilfe im Sinne des § 830 Abs. 1, Abs. 2 BGB einer vom Beklagten zu 1. begangenen Namensrechtsverletzung. Sie hat nicht vorsätzlich gehandelt.

a) Der Beklagte zu 1. hat das Namensrecht des Klägers, § 12 BGB, verletzt. Er ließ sich die Internet-Domain "kurt-biedenkopf.de" reservieren und bot sie dem Kläger zur entgeltlichen Nutzung an, ohne zum Gebrauch dieses Namens befugt zu sein. Ein Gestattungsvertrag mit dem Kläger oder einem anderen "Kurt Biedenkopf" liegt nicht vor.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits im Registrierenlassen der Internet-Domain eine Verletzung des Namensrechts des Klägers liegt (dafür Ubber, WRP 1997, 497, 507; dagegen Büching NJW 1997, 1886, 1888; Völker/Weidert, WRP 1997, 652, 657). Jedenfalls hat der Beklagte zu 1. die registrierte Internet-Domain "Kurt-Biedenkopf.de" dem Kläger zur Nutzung angeboten. Spätestens darin liegt eine Anmaßung des Namens des Klägers.

b) Die "Eintragung" der Internet-Domain durch die Beklagte zu 2. ist kausal. Ohne die Registrierung wäre diese Namensrechtsverletzung nicht möglich gewesen. Die Beklagte zu 2. hat jedoch nicht vorsätzlich gehandelt.
Die Mittäterschaft (§ 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) und die Beihilfe (§ 830 Abs. 2 BGB) setzen voraus, dass die Beklagte zu 2. vorsätzlich die vom Beklagten zu 1. begangene Namensrechtsverletzung unterstützen wollte (vgl. nur Palandt/Thomas, BGB, 60. Aufl., § 830 Rn. 2 ff.). Dies ist nicht der Fall.
Der Beklagten zu 2. war nicht bekannt, dass der Anmelder unbefugt den Namen "Kurt Biedenkopf" benutzt. Zwar unterscheiden sich Domain-Name und Name des Anmelders, dies bedingt aber nicht zwangsläufig eine Rechtsverletzung. Die Anmeldung konnte mit Zustimmung und in Vertretung eines Dritten erfolgen; auch ein Gestattungsvertrag (Lizenzvertrag) ist denkbar. Der Anmelder hat versichert, keine Rechte Dritter zu verletzen (§ 13 Abs. 1 der AGB der Beklagten zu 2.). Selbst wenn die Beklagte zu 2. Rechtsverletzungen für möglich halten muss, ist dies nicht ausreichend. Dieses abstrakte Bewusstsein zwingt nicht zum Rückschluss auf einen bedingten Vorsatz. Es fehlt am Willenselement. Die Beklagte zu 2. will gerade keine Rechtsverletzungen Dritter. Ihr Verhalten ist vielmehr darauf gerichtet, mögliche Rechtsverletzungen zu vermeiden, indem der Anmelder die Berechtigung zur Nutzung des Domain-Namens versichert und für etwaige Schäden haftbar gemacht werden kann.

3. Die Beklagte zu 2. ist auch nicht Störer; es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch (analog § 1004 BGB) auf das Namensrecht übertragen werden kann.

a) Der Bundesgerichtshof nimmt in ständiger Rechtsprechung eine Störerhaftung entsprechend § 1004 BGB an, wenn jemand willentlich und adäquat kausal an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten mitwirkt. Der Verletzer muss dabei nicht schuldhaft handeln und keine Wettbewerbsförderungsabsicht haben (BGH, GRUR 1997, 313, 315 - Architektenwettbewerb -; GRUR 1997, 909, 911 - Branchenbuch-Nomenklatur -; GRUR 1999, 418, 420 - Möbelklassiker -). Als Mitwirkung genügt die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (nur BGH GRUR 1997, 315). Dabei ist darauf abzustellen, ob denkbare, erfolgversprechende Maßnahmen von dem möglichen Störer nur mit unzumutbarem Aufwand zu treffen wären, ihm unzumutbare Prüfungspflichten auferlegt würden. Ein Wettbewerbsverstoß liegt danach nur vor, wenn zumutbare Maßnahmen unterlassen werden (nur BGH GRUR 1997, 909, 911). Diese wertende Einschränkung dient als Ausgleich, da durch das bloße Kausalitätserfordernis der Kreis der Störer/Verletzer erheblich ausgeweitet wird. Mit ihr hat der Bundesgerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen (WRP 1997, 325, 327 - Architektenwettbewerb -; 1997, 1059, 1061 - Branchenbuch -; GRUR 1995, 62, 64 - Betonerhaltung -; GRUR 1993, 561, 562; 1994, 819, 821; 1996, 71, 72 f. - Produktinformation I - III -) die Störerhaftung erheblich begrenzt. Auch für den vergleichbaren Fall des Anzeigengeschäfts im Zeitschriften- und Zeitungsgewerbe hat er eine umfassende Prüfungspflicht abgelehnt; das Presseunternehmen haftet nur im Falle grober, unschwer zu erkennender Verstöße (BGH GRUR 1973, 203, 204 - Badische Rundschau -; BGH GRUR 1995, 751, 752 - Schlussverkaufswerbung 2 -). Diese Regelung hat er in der Entscheidung "Suchwort" (BGH GRUR 1994, 841, 843) auf das Kennzeichenrecht ausgedehnt.

b) Diese Grundsätze gelten auch für den zu entscheidenden Fall. Die Beklagte zu 2. hat keine generelle Prüfungspflicht, sie haftet nur bei groben, unschwer zu erkennenden Verstößen (vgl. ebenso OLG Frankfurt, WRP 2000, 214, 217 ff. - "ambiente de". -; LG Frankfurt, WM 2000, 1750, 1751; Bettinger/Freytag a.a.O. S. 34 ff.).
Die Prüfung der Zulässigkeit einer Second-Level-Domain fällt in den Verantwortungsbereich des Anmelders; er ist der direkte "Nutznießer", der unter dieser Bezeichnung erreichbar ist. Die Beklagte zu 2. bietet nur das "Medium".

Bei den der Beklagten zu 2. zukommenden Aufgaben ist eine (detaillierte) Prüfung der Zulässigkeit für sie faktisch ausgeschlossen. Sie hat den Internet-Anwendern kostengünstig, unbürokratisch, rasch und zuverlässig die Registrierung und Verwaltung des Domain-Systems zu bieten; dies nicht nur national, sondern über die Grenzen hinweg. Die Vergabe von Second-Level-Domains durch die Beklagte zu 2) erfolgt nach dem Prioritätsgrundsatz, ohne Kollisionsprüfung auf andere Rechte. Nach den Vergabebestimmungen - die auf RFC 1591 beruhen, der zwar keine Rechtsnorm, aber weltweit anerkannter Internet-Standard ist (ausf. Bettinger/Freytag a.a.O. S. 29 ff.) - ist der Antragsteller selbst verpflichtet, die einzutragende Domain auf die Vereinbarkeit mit Rechten Dritter zu überprüfen. Bei Streitigkeiten über Rechte an einem bestimmten Domain-Namen, haftet die Registrierungsstelle nicht. Diese Ziele und das System der Eintragung werden gebilligt, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage "zum Schutz von Internet-Adressen" belegt (BT-Drucks. 14/3956 vom 28.07.2000, dort insbesondere S. 4):

    "Nach Erkenntnissen der Bundesregierung arbeitet die Beklagte zu 2) e.G. bislang zur Zufriedenheit der deutschen Internetgemeinschaft. Ihr Registrierungsverfahren leistet eine funktionsfähige und faire Versorgung aller Antragsteller mit Domain-Namen. Insofern besteht grundsätzlich kein Anlass, die Registrierung von Domain-Namen in einen anderen rechtlichen und organisatorischen Rahmen zu überführen. Die Versorgung mit Domain-Namen und die schnelle und effektive Registrierung ist der Hauptzweck des Registrierungsverfahrens. Die nationalen und internationalen Registrierstellen können nicht alle Interessengegensätze in Bezug auf die Nutzung eines Domain-Namens präventiv berücksichtigen und auflösen".

Praktisch würde eine umfassende Prüfungspflicht bedeuten: Für jede Registrierung müsste die Beklagte zu 2. sämtliche Unternehmenskennzeichen und Namensrechte auf die Priorität und ihren rechtlichen Bestand überprüfen. Dabei würde bereits eine bloße Namensabgleichung das Verfahren blockieren. Technisch ist ein Vergleich der angemeldeten Eintragung und der bestehenden Namen und Kennzeichen sicher möglich. Bei ca. 6 Milliarden Menschen und einer unbekannten Zahl von juristischen Personen und Kennzeichen ist aber nahezu jeder Name und jedes Kennzeichen mehrfach belegt. Eine Rechtsverletzung schiene möglich, eine Eintragung (ohne ausgiebige Prüfung) wäre gehindert. Das Ziel einer schnellen und kostengünstigen Reservierung und damit das Funktionieren des Systems weltweit wäre, bei monatlich weit über 20 000 Registrierungsanträgen, nicht zu erreichen. Während so im automatisierten Verfahren eine Registrierung weniger als 1 Minute Zeit braucht, dauert eine Markenanmeldung beim deutschen Patent- und Markenamt derzeit (bei entsprechenden Prüfungspflichten) 6 - 12 Monate.

Um dieses Ziel - zügige, reibungslose und kostengünstige Registrierung - zu erreichen, muss die Beklagte zu 2. im Konfliktfall - etwa Streit zweier Namensträger, Prioritätsstreit bei Kennzeicheninhabern - nicht prüfen, wem der Vorrang einzuräumen ist. Die Entscheidung des Konflikts auf sie zu verlagern und dadurch ihre Verantwortung zu erweitern, ist nicht sachgerecht. Sie hätte jeweils - stellvertretend - für den Verletzer oder dem vermeintlichen Verletzer den Rechtsstreit um das bessere Recht zu führen. Sie ist deshalb zur Eintragung oder Löschung nur verpflichtet, wenn ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil dem Anderen die Benutzung der Secont-Level-Domain untersagt (vgl. OLG Frankfurt a.a.O., LG Frankfurt a.a.O., Bettinger/Freytag a.a.O.). In diesen Fällen ist es für die Beklagte zu 2. evident, dass eine andere Sachentscheidung nicht erfolgen wird.

c) Nach diesen Regeln ist die Beklagte zu 2. nicht als Störerin bzw. mittelbare Verletzerin verantwortlich, obwohl sie einen kausalen Beitrag geleistet hat. Sie hat gegen keine Prüfungspflicht verstoßen, die Namensverletzung war für sie nicht (unschwer) zu erkennen, auch wenn es sich beim Kläger um eine berühmte Persönlichkeit handelt. Eine Überprüfung mit dem Nachweis der Berechtigung des Anmelders läuft dem gebilligten automatisierten Registrierungsverfahren zuwider.

Eine Prüfung auf die "Berühmtheit" hin lässt sich nicht - zumutbar - durchführen. Es fehlt bereits ein verlässlicher Maßstab, wer "berühmt" ist. Der Vorschlag des Klägers, eine Überprüfung anhand des "Who is who" liefe auf einen "diffusen" Sonderrechtsschutz für Prominente hinaus, der letztendlich einen Großteil des Internets blockieren würde. In der deutschen Ausgabe 92/93 ("Wer ist wer?", Schmidt/Römhold, Lübeck) sind nahezu 44.000 "Persönlichkeiten" eingetragen. Ein Großteil der eingetragenen ist nicht allgemein bekannt, viele Prominente fehlen. Dass von Gleichnamigen derjenige das "bessere Namensrecht" hat, der in diesem Werk eingetragen ist, ist bisher nicht vertreten worden; dem Nichteingetragenen wäre das Internet versperrt. Der Namensschutz des § 12 BGB gilt unabhängig von der Bekanntheit und der Reputation des Namensträgers.

III.
Für einen Unterlassungsanspruch fehlt neben der Rechtsverletzung (oben II.) auch die Wiederholungsgefahr; auch ein vorbeugender Unterlassungs- (Beseitigungs)Anspruch besteht nicht; er würde auch die Sperrung des Domain-Namens im Internet nicht tragen.

1. Der Unterlassungsantrag wegen der Eintragung der Domain für den Beklagten zu 1. wurde - nach angekündigtem Anerkenntnis der Beklagten zu 2. - übereinstimmend für erledigt erklärt, damit - unabhängig von einem Rechtsverstoß - die Wiederholungsgefahr beseitigt. Der Beklagte zu 1. ist verurteilt, die Domain ist gelöscht. Formal liegt zwar für die Beklagte zu 2. keine "strafbewehrte Unterlassungserklärung" vor, eine Wiederholungsgefahr besteht dennoch nicht. Der Kläger hat mit der Erledigung auf die Weiterverfolgung dieses Anspruches verzichtet; er macht ihn auch nicht mehr geltend. Die Wiederholungsgefahr lebt erst wieder für einen konkreten Verstoß auf.

2. Ein weitergehender Unterlassungsanspruch besteht nicht, die Beklagte zu 2. hat die Rechte des Klägers nicht verletzt, für eine vorbeugende Unterlassungsklage fehlt die Erstbegehungsgefahr. Es ist nicht ersichtlich, dass ernstlich und unmittelbar zu besorgen ist, dass von der Beklagten zu 2. eine Kennzeichen-/Namensverletzung begangen wird (BGH GRUR 1994, 530, 532).

3. Die geltend gemachten Rechtsverletzungen könnten auch nur zu einem Unterlassungsanspruch der konkreten Verletzungshandlung führen, nicht zu einer Blockierung des Domain-Namens im Internet. Eine solche "Sperrung" kommt, wenn lediglich das Namensrecht und nicht auch ein Zeichen verletzt wird, nicht (oder jedenfalls nur in sehr seltenen Ausnahmefällen) in Betracht. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

a) Die Beklagte zu 2. haftet (oben II.), wenn ein Dritter für sie erkennbar in grober Weise die Rechte des Klägers verletzt. Eine Handlungspflicht besteht nur bei offensichtlichen Rechtsverstößen und wenn ein rechtskräftiges vorläufig vollstreckbares Urteil vorliegt. Die Blockierung eines Domain-Namens ist damit nur gerechtfertigt, wenn jede Eintragung eines Dritten einen für die Beklagte zu 2. erkennbar offensichtlichen Rechtsverstoß darstellt; anders ausgedrückt, eine Sperrung hat zu unterbleiben, wenn ein Dritter seine Eintragung begehren könnte und diese keinen offensichtlichen Rechtsverstoß darstellen würde. Wird im Streit zweier Namensträger der Beklagten zu 2. nicht die Prüfungspflicht aufgebürdet, wem der Vorrang einzuräumen ist, so erst recht nicht die in die Zukunft gerichtete Prognose, ob möglicherweise ein anderer Berechtigter eine Reservierung der Domain erzwingen könnte. Die Anmeldung durch einen anderen "Kurt-Biedenkopf" wäre hier möglich und kein offensichtlicher Rechtsverstoß.

b) Die Namensverletzung ist auch nicht vergleichbar der Kennzeichenverletzung.
Ein Rechtsverstoß ist hier in aller Regel erkennbar, wenn ein berühmtes Kennzeichen überragende Verkehrsgeltung auch in allgemeinen Verkehrskreisen erlangt hat (OLG Frankfurt a.a.O. S. 218; LG Frankfurt a.a.O. S. 1750; Bettinger/Freytag a.a.O. S. 38). Während ein bestimmtes Kennzeichen nur einem Inhaber zusteht, fehlt diese "Einmaligkeit" beim Namensrecht. Ein anderer "Kurt-Biedenkopf" könnte die Domain für sich registrieren lassen, ohne einen offentsichtlichen Rechtsverstoß zu begehen. Es gilt das Recht der Gleichnamigen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 12, Rz. 24 und Rz. 27).

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger die Kosten des übereinstimmend erledigt erklärten Teils des Rechtsstreites auferlegt. Bei der Entscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO ist, bei sofortigem Anerkenntnis, der Grundgedanke des § 93 ZPO anzuwenden (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 91 a Rn. 25 m.w.N.). Es liegt ein sofortiges Anerkenntnis vor, die Beklagte zu 2. hat keine Veranlassung zur Klage gegeben. Der Kläger hat sie nicht wirksam abgemahnt; eine Abmahnung war auch nicht entbehrlich.
Das Schreiben der Staatskanzlei des Freistaates Sachsen vom 23.11.1999 stellt keine Abmahnung dar. Es enthält keine Aufforderung an den Verletzer, innerhalb einer angemessenen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, unter gleichzeitiger Androhung gerichtlichen Vorgehens für den Fall der Nichtabgabe (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einl UWG Rn. 530, 531). Sie bringt auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, welches konkrete Verhalten beanstandet wird (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O,). Was von der Beklagten zu 2. gefordert wird, erschließt sich nicht aus dem Text des Schreibens und den zitierten Leitsätzen des beigelegten Urteils des Landgerichts Magdeburg.

Eine Abmahnung zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO war auch nicht entbehrlich, weil die Beklagte zu 2. auf das "Abmahnschreiben" darauf hingewiesen hat, dass sie nicht der richtige Ansprechpartner ist. Zwar ist eine Abmahnung zur Vermeidung von Kostennachteilen dann nicht erforderlich, wenn der Verletzte aufgrund des bisherigen Verhaltens des Verletzers annehmen kann, der Verletzer werde sein wettbewerbswidriges Verhalten sofort einstellen und eine durch Vertragsstrafe gesicherte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben (Baumbach/Hefermehl, a.a.O, UWG Einl Rn. 542 m.w.N.). Dies war aber nicht der Fall. Die Beklagte zu 2. teilte nur mit, dass sie das Schreiben nicht als Abmahnung verstanden habe.
(...)
VI. Die Revision wurde nach § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen. Die streitgegenständliche Frage, in welchem Umfang ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) (Beklagte zu 2.) bei Verletzungen des Namensrechts besteht, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden und hat Bedeutung über den Einzelfall hinaus.

(...)


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