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baumarkt.de
UrhG §§ 13, 16, 17, 23, 97; UWG §§ 1, 3
LG Düsseldorf: Urteil vom 29.4.1998 - 12 O 347/98;
Fundstelle: MMR 1998, 670

Produktpräsentationen auf Internetseiten stellen in der Regel keine Werke i. S. des UrhG dar und sind daher urheberrechtlich nicht geschützt.

Zur Ermittlung der Vorstellung der Internetnutzter im Zusammenhang mit Inhalten in sogenannten Frames muß das Gericht dies durch einen Sachverständigen prüfen lassen.

(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Die Parteien bieten Leistungen für Firmen an, die im Internet Werbung machen oder Produktinformationen anbieten wollen. Die Klägerin verfügt über den Domain-Namen "bau-markt.de", die Beklagte über "baumarkt.de". Die Kl. bietet unter ihrer Domain ihren Kunden die Möglichkeit, sich mit ihren Angeboten aus dem Bereich Bau- und Heimwerk unter dem Oberbegriff im Internet darzustellen. Daneben übernimmt die Kl. gegen Entgelt auch die Gestaltung der von ihren Kunden bei sich abzulegenden Websites. Die Bekl. verbreitet unter Ihrer Domain eine Art Zeitschrift im Internet. Neben einem redaktionellen Teil bietet sie den Usern dort auch die Möglichkeit, über Links Websites anderer Anbieter im Bereich Bau- und Heimwerkermarkt direkt aufzurufen, ohne erst die gerade aufgesuchte Adresse verlassen zu müssen. Diese durch Links aufgerufenen Websites erscheinen bei der Bekl. in einem Rahmen (Frame), der sich in rotbrauner Farbe unter dem Befehlsfeld (Navigationsleiste) des für den Zugang zum Internet erforderlichen Navigationsprogramms (Browser) anschließt und den Bildschirm zusätzlich links begrenzt. Dieser Rahmen enthält einige Befehlsfelder, mit deren Hilfe unter anderem die in Frage kommenden Links ermittelt werden können. Der Rahmen enthält zusätzlich den Schriftzug "baumarkt.de". Die Kl. wendet sich ausdrücklich nicht dagegen, daß die Bekl. durch die beschriebenen Links den Zugriff auf die unter ihrer Domain abgelegten und von ihr gestalteten Websites ermöglicht. Sie greift allein die Art und Weise an, in der die Websites in dem ebenfalls beschriebenen Rahmen unter der Domain der Bekl. erscheinen. Sie ist der Auffassung, daß ihr an den von ihr gestalteten Websites Urheberrechte zustehen. Die Websites wiesen aufgrund ihrer farbigen graphischen Darstellung den erforderlichen Grad an Eigentümlichkeit auf. Dieses Urheberrecht verletze die Bekl., indem sie die Seiten in deren Rahmen stelle, wodurch sie in unzulässiger Wiese umgestaltet würden. Unabhängig vom Urheberrechtschutz sei das Verhalten der Bekl. auch wettbewerbswidrig, weil sie sich durch das Setzen von Links auf fremde Websites, die in ihrem Rahmen erschienen, auf Kosten ihrer Wettbewerber den Aufwand für die Akquisition von Kunden und das Gestalten eigener Seiten spare und so zu einem nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den Mitbewerbern, zu denen auch die Kl. gehöre, gelange. Das Setzen der Websites in den Rahmen der Bekl. sei vor allem deshalb wettbewerbswidrig, weil die angesprochenen Verkehrskreise infolge dieser Einrahmung annehmen würden, daß die auf den Seiten erscheinenden Firmen Werbekunden der Bekl. seien. Hierdurch würde eine besondere Leistungsfähigkeit der Bekl. vorgetäuscht. Die Bekl. ist der Auffassung, sie nehme eine Umgestaltung der von der Kl. gestalteten Websites nicht vor, wenn sie die durch Link aufgerufenen Websites in ihrem Rahmen erscheinen lasse, weil die Informationen über das Aussehen der Websites, der sog. HTML-Code, also die Form, in der die Gestaltungen der Kl. niedergelegt sind, durch die Einrahmung nicht verändert werden, was die Kl. nicht bestritten hat. Der Rahmen der Bekl. führe auch nicht zu einer Irreführung der User, da das Setzen von Links geradezu typisch für das Internet sei und das sog. Surfen erst ermögliche. Den Usern sei daher stets bewußt, daß die per Link aufgerufenen Websites durchaus nicht von Kunden der die Domain oder Homepage betreibenden Person stammen oder von dieser gestaltet sein müßten, im übrigen stehe ein sog. Frame-Killer-Befehl zur Verfügung, mit dessen Hilfe die Kl. das von ihr nicht erwünschte Einsetzen der aufgerufenen Seiten im Rahmen der Bekl. verhindere.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist sachlich nicht gerechtfertigt und war daher abzuweisen.

1. Das Vorbringen der Kl. rechtfertigt den Klageantrag, mit welchem die Kl.. der Bekl. für schlechthin alle von ihr gestalteten Websites verbieten will, diese in deren Domain in dem oben beschriebenen Rahmen aufzurufen, nicht aus § 97 UrhG i. V. m. § 23 UrhG.

Zunächst hat die Kl, lediglich zwei der von ihr gestalteten Bildschirmseiten vorgelegt, so daß der Kammer eine Prüfung der übrigen Bildschirmseiten auf einen urheberrechtschutzfähigen Gehalt verwehrt ist. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um dem Klageantrag in seiner umfassenden Form zusprechen zu können. Aber auch der Inhalt der beiden vorgelegten Bildschirmseiten weist keinen urheberschutzfähigen Inhalt auf. Die Anlagen (der Klage) zeigen die gleiche Bildschirmseite. Darauf wird auf die verschiedenen Holzkleber der Firma X hingewiesen. Die Kl. teilt nicht mit, worin bei der Gestaltung die ästhetisch wirkende persönliche geistige Schöpfung des Urhebers liegen soll. Diese könnte in den Abbildungen der verschiedenen Kleberfläschchen liegen. Daß diese jedoch von der Kl. gestaltet worden wären, hat sie nicht vorgetragen. Es ist auch eher anzunehmen, daß die Gestaltung der Flaschen selbst bereits vom Hersteller herrührt. I. ü. handelt es sich bei der Bildschirmseite um eine schlichte Aneinanderreihung der verschiedenen Holzkleber, die eine irgendwie besondere schöpferische Leistung nicht erkennen läßt. Sie ist vielleicht zweckmäßig, aber nicht herausragend.

Die Anlage (der Klage) zeigt die erste Seite des Katalogs der Firma Y. Dieser zeigt zentral auf schwarzem Grund eine stilisierte in rot und blau gehaltene, jedoch deutlich als solche zu erkennende Duschkabine mit der Unterschrift "...", rechts daneben, um 90 Grad gekippt, den gelben Schriftzug "...". Auch für diese Bildschirmseite ist nicht zu erkennen, daß sie sich aus der Masse des Alltäglichen heraushebt und vom individuellen Geist dessen geprägt ist, der sie gestaltet hat. Auch die Kl. macht hierzu keine hinreichend substantiierten Angaben. Die farbige graphische Gestaltung ist gerade im Bereich von Katalogen und Produktfirmen weithin verbreitet und begründet für sich allein noch keine urheberschutzfähige Leistung.

Auf die Frage, ob durch den Rahmen der Bekl. eine Umgestaltung der Bildschirmseiten vorgenommen wird und ob die Bekl. durch die von ihr gesetzten Links überhaupt Vervielfältigungsstücke der Werke der Kl. herstellt, kommt es daher nicht mehr an.

2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus §§1, 3 UWG. Die Kl. ist ausdrücklich damit einverstanden, daß die Bekl. Links auf die von ihr gestalteten Websites setzt. Sie ist allein der Ansicht, daß ihre Arbeit durch die Art und Weise, in der das geschieht, insbesondere durch den Gestaltungsrahmen, den die Bekl. um die Bildschirmseite legt, ausgenutzt wird, weil bei den Usern der irreführende Eindruck entstehe, daß es sich um Gestaltungen der Bekl. und bei den werbenden Firmen um deren Auftraggeber handele.

Ob dieser Eindruck entsteht, kann die Kammer jedoch nicht feststellen. Die Bekl. hat substantiiert bestritten, daß die User in der von der Kl. geltend gemachten Form irregeführt werden. Sie hat ausgeführt, daß die durchschnittlichen User in Internet aufgrund der angegriffenen Gestaltungsrahmen keinerlei Vorstellung bezüglich der Urheberschaft der Websites und der Auftragsverhältnisse der Werbekunden hegen bzw., daß ihnen, wenn sie einen Link nutzen, klar ist, daß die aufgerufene Website aus einer anderen Domain oder Homepage eines anderen Anbieters stammt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser Vortrag der Bekl. zutreffend ist. Gegen eine Irreführung spricht zum Beispiel, daß im Fall des Katalogs der Firma Y die Kl. als Urheberin der Gestaltung auch im Gestaltungsrahmen der Bekl. genannt wird.

Die Kammer kann jedoch die tatsächliche Verkehrsauffassung ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe nur beurteilen, wenn ihre Mitglieder selbst den zur Beurteilung berufenen Verkehrskreisen angehören, etwa, wenn es um Gegenstände des täglichen Bedarfs geht, die von jedermann genutzt werden. Kommt es auf Fachwissen in einer Spezialmaterie an, ist die Auskunft eines Sachverständigen erforderlich (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., Einl. UWG Rdnr. 250). Obwohl das Internet in letzter Zeit eine starke Verbreitung in weiten Kreisen der Bevölkerung gefunden hat und auch nicht mehr nur im geschäftlichen Verkehr oder von Computerspezialisten genutzt wird, handelt es sich um ein verhältnismäßig junge Erscheinung. Die Kammer verfügt jedenfalls nicht über das erforderliche Fachwissen, um die hier interessierende Verkehrsauffassung festzustellen.

Da das Bestreiten der Bekl. in diesem Punkt erheblich ist, war die Kl. beweispflichtig. Den erforderlichen Beweisantritt durch Gutachten eines Sachverständigen ist sie schuldig geblieben. Eines Hinweises durch das Gericht bedurfte es in diesem Fall nicht, weil der Gegner sich bereits auf die seiner Ansicht nach vorliegende anderslautende Verkehrsauffassung berufen hatte.
(...)


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