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Online-Auktion mit Verdacht des Betruges
§ 812 ff BGB
Urteil vor dem AG Bielefeld vom 05.06.2001, Az.: 5 C 1126/00

Wer eine Zahlung für den Kauf eines PC erhält, muss diese bei Nichtlieferung auch dann herausgeben, wenn angeblich ein Dritter beide Parteien über das Zustandekommen des Vertrages und die Person der Parteien getäuscht hat.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Rückzahlung des an diesen überwiesenen Geldbetrages für den Erwerb eines Notebooks im Wege einer Internet-Auktion.

Der Kläger nahm am Abend des 28.05.2000 an einer Auktion auf der Internet-Site der Firma e-bay teil. Dort wurde ein Notebook der Marke Toshiba angeboten. Um ca. 22.30 Uhr erhielt der Kläger über den Betreiber der Internet-Site die Bestätigung, dieses Notebook zum Preis von 4.758,00 DM zuzüglich DM 20,00 Versandkosten ersteigert zu haben. Dem Kläger wurde Name und Anschrift des Verkäufers mitgeteilt. Diese lauteten auf den Beklagten. Mit diesem sollte sich der Kläger zur Abwicklung des Kaufs unter der e-mail-Adresse "..." in Verbindung setzen. Auf seine e-mail hin erhielt der Kläger die Mitteilung, den Betrag von 4.778,00 DM auf das Konto des Beklagten bei der Volksbank Bielefeld zu überweisen. Lieferung sollte dann innerhalb von 2-6 Tagen erfolgen.

Nach einer Überprüfung der Identität des Kontoinhabers mit den ihm angegebenen Personalien des Verkäufers überwies der Kläger den Betrag am 31.05.2000 unter dem Vorbehalt ordnungsgemäßer Lieferung. Als der Kläger am 06.06.2000 noch keine Ware erhalten hatte, rief er den Verkäufer auf der angegebenen Handy-Nummer an, der ihm mitteilte, dass er das Notebook nicht habe und das Geld nicht erstatten würde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.2000 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.06.2000 mit Ablehnungsandrohung auf, das Notebook zu liefern. Lieferung erfolgte nicht. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 21.06.2000 dem Beklagten gegenüber den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte ihn auf, den Betrag von 4.778,00 DM bis zum 26.06.2000 an ihn zurückzuzahlen. Die eingezahlten 4.778,00 DM befinden sich derzeit noch auf dem Konto des Beklagten. Sie sind nicht abgehoben worden. Die Streitverkündete (Bank C) verweigert die Auszahlung des Betrages an den Beklagten. Dieser Betrag ist auch noch nicht von der Staatsanwaltschaft, die inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten eingeleitet hat, beschlagnahmt worden.

Der Kläger behauptet, der Beklagte selbst habe von Anfang an in betrügerischer Absicht ihn zur Zahlung des Kaufpreises veranlassen wollen und nie vorgehabt, das Notebook zu liefern. Er ist der Auffassung, der Kaufvertrag sei wirksam gekündigt worden, so dass der Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet sei.

(Der Beklagte) behauptet, von einem Betrüger hereingelegt worden zu sein. Er habe diesem, einem Herrn xy, seine Kontodaten zur Verfügung gestellt, damit dieser über das Konto des Beklagten Geldgeschäfte habe abwickeln können. Dafür habe der Beklagte 10 % der eingehenden Gelder an Provision versprochen bekommen. Herr xy habe mehrere Käufer hereingelegt. Ein Großteil der auf seinem Konto eingegangenen Gelder habe er zusammen mit Herrn xy abgehoben, bevor das Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei.

(...)

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist bis auf einen Teil der beantragten Zinsen begründet.

Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte tatsächlich selbst in betrügerischer Absicht den Kaufvertrag mit dem Kläger abgeschlossen oder ob ein Dritter lediglich unter falschem Namen, nämlich dem des Beklagten, gehandelt hat. Während sich im ersten Fall der Rückzahlungsanspruch aus den §§ 433 Abs. 1, 326 Abs. 1, 346 BGB ergibt, folgt der Anspruch im zweiten Fall aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative, 818 Abs. 1 BGB.

I. Unterstellt,der Beklagte hat das Notebook zum Preis von 4.778,00 DM zuzüglich Versandkosten selbst bei der Internet-Auktion angeboten, wäre spätestens durch die von ihm an den Kläger geschickte e-mail mit der Bestätigung der Ersteigerung ein Kaufvertrag zustande gekommen. Diesen Kaufvertrag hat der Kläger wirksam nach § 326 Abs. 1 BGB gekündigt. Denn die Voraussetzungenes § 326 BGB lagen vor. Der Kläger hat den Beklagten durch seine Mahnung vom 08.06.2000 in Verzug gesetzt. Gleichzeitig hat er eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist abgelehnt. Nach Ablauf der Frist hat er mit Schreiben vom 21.06.2000 wirksam den Rücktritt erklärt (§§ 326 Abs. 1 Satz 2, 349 BGB). Nach § 346 BGB hätte der Beklagte dann die erhaltene Leistung in Höhe von 4.778,00 DM zurückzugewähren.

II. Aber auch wenn man mit dem Beklagten davon ausgeht, dass er nicht selbst gehandelt hat, sondern sich ein Dritter seines Namens und seiner Kontoverbindung bedient hat, ist der Beklagte zur Zahlung verpflichtet. In diesem Falle wäre zwar kein Kaufvertrag zwischen den Parteien dieses Rechtsstreites zustande gekommen, denn der Dritte hätte dann ohne die nach § 164 Abs. 1 BGB erforderliche Vertretungsmacht für den Beklagten gehandelt. Die Wirkung des Vertretergeschäfts für und gegen den Beklagten wäre dann von dessen Genehmigung abhängig gewesen, § 177 Abs. 1 BGB. Eine solche Genehmigung hat der Beklagte unstreitig weder dem Kläger noch dem Dritten gegenüber erteilt. Denn allein das Abheben der Geldbeträge und deren Auskehrung stellt keine Genehmigung der den Zahlungseingängen zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte dar. Dies gilt um so mehr, als der streitgegenständliche Geldbetrag noch gar nicht zur Auszahlung an den Dritten gelangt ist.

Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich aber in diesem Fall aus den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung. Denn die Überweisung des Klägers auf das Konto des Beklagten stellt eine Leistung an den Beklagten im Sinne des von § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB dar. Leistung ist jede bewußte und gewollte Vermehrung fremden Vermögens. Der Kläger wollte dem Beklagten durch die Überweisung einen geldwerten Vorteil zukommen lassen. Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont bei objektiver Würdigung der für diesen maßgeblichen Umständes des Falles. Ferner kann es keinem Zweifel unterliegen, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Leistungsbeziehung bestanden hat.

Bei der Beurteilung der tatsächlichen Leistungsbeziehungen ist nich auf ggfls. durch Irrtümer getrübte tatsächliche Sichtweise des Beklagten bei Empfang der Leistung abzustellen, sondern auf dessen Beurteilung bei objektiver Würdigung der tatsächlichen Umstände. Dann hätte der Beklagte - wenn man dessen Sachvortrag als wahr unterstellt - erkennen müssen, dass der Dritte den Leistenden, über die Person des Empfängers getäuscht hat und diese Personen tatsächlich nicht an einen ihnen unbekannten Dritten, sondern an den Beklagten als anscheinenden Vertragspartner leisten wollten. In diesem Fall stellt sich auch aus Sicht des Beklagten die Zahlung als Leistung an ihn dar.

Der Bereicherungsanspruch ist auch nicht durch eine Entreicherung der Beklagten gemäß § 818 Abs. 3 BGB erloschen. Denn der gezahlte Betrag befindet sich weiterhin in seinem Vermögen. Die Tatsache, dass die Bank dem Beklagten gegenüber die Herausgabe des Geldes verweigert, führt nicht zu einer Entreicherung des Beklagten. Dies ist jedenfalls nicht substantiiert vorgetragen worden. Denn wenn die Verweigerung der Auszahlung darauf beruhen sollte, dass die Bank die Forderung mit anderen Verbindlichkeiten des Beklagten verrechnen will, wäre der Beklagte in jedem Fall um die dann erloschenen Verbindlichkeiten "bereichert". Sein Vermögenssaldo aus Aktiva und Passiva wäre letztlich durch die Überweisung angewachsen. Aber auch wenn die Bank die Auszahlung aus anderen Gründen verweigert, wäre im Verhältnis zu dem Kläger keine Entreicherung des Beklagten anzunehmen.

III. Die Zinsforderung beruht auf den §§ 284, 288 BGB. Der Kläger hat mit der Klage Verzugszinsen geltend gemacht. In Verzug hat sich der Beklagte aber frühestens seit dem 27.06.2000 befunden. Denn bis zum 26.06.2000 hatte der Kläger ihn eine Frist zur Rückzahlung gesetzt. Eine frühere Mahnung der Zahlungsverpflichtung hat der Kläger nicht vorgetragen.

(...)


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